Schön war’s, Teil des Begehbaren Adventskalenders im Hanseviertel zu sein! Wir haben gemeinsam gesungen, begleitet von Ingrid an der Gitarre, Heike hat eine Geschichte vorgelesen, Christiane & Sabine hielten warmen Punsch, Gabriele Spekulatius für alle Gäste bereit. Und für den Nachhauseweg gab’s für jede*n ein Licht in Form von zwei Kerzen – zum Verschenken oder Behalten – und Strohsterne, passend zu unserem Bau, die Mel, Pauline und Jonathan für uns alle gebastelt hatten.
Ob es ein Alle Jahre Wieder wird? Wir werden sehen.
Hier unsere Adventsgeschichte:
Licht sein
Abend war es und dunkel. Das Kind lag in seinem Bett. Über es gebeugt stand seine Mutter,
bereit für den Gutenachtkuss. „Mama, ich will dich noch was fragen.“ Die Mutter seufzte. Der Tag war lang gewesen und anstrengend, und sie sehnte sich danach, nun endlich den Feierabend einzuläuten. „Was gibt es denn? Durst? Pipi? Schlaflicht an?“ forschte sie den gewöhnlichen Verzögerungstaktiken nach. „Licht. Also ich meine ‚Licht sein‘, wie geht denn das?“ Nachdenklich betrachtete die Mutter ihr Kind. „Was meinst du denn mit ‚Licht sein‘?“ Das Kind richtete sich wieder auf in seinem Bett. „In der Schule hat die Lehrerin heute zu uns gesagt, wir sollen Lichter sein, die die Welt erhellen. Und seitdem überlege ich, wie ich das machen soll.“ Lächelnd schaute die Mutter ihr Kind an. „Du bist doch schon mein Licht, seit du diese Welt betreten hast. Vom ersten Moment an hast du meine Welt erhellt.“ Skeptisch schaute das Kind seine Mutter an und setzte zur Antwort an: „Aber seit heute Morgen denke ich darüber nach. Wenn es Licht gibt, gibt es ja auch Dunkelheit, und irgendwie habe ich den Eindruck, dass es viel mehr Dunkelheit auf der Welt gibt als Licht.“ Abwartend saß die Mutter an der Bettkante. „Es gibt so viel Krieg auf der Welt. Der Umwelt geht es schlecht, und viele Menschen flüchten, hungern und sind arm. So viele Krankheiten gibt es und so viel Leid. Und weißt du – wenn wir Licht sein sollen und die Welt heller machen sollen, dann reicht es nicht, morgens den Tisch zu decken oder die Nachbarn freundlich zu grüßen.“Die Mutter zögerte mit ihrer Antwort. Das Kind hatte ja Recht. Es gab so viel Dunkelheit auf der Welt, und an manchen Tagen hatte auch sie den Eindruck, dass zu viele Sorgen auf ihren Schultern lasteten. „Ich komme gleich wieder“, sagte sie und verließ kurz das Zimmer. Als sie wiederkam, hatte sie ein kleines Teelicht dabei und eine Streichholzschachtel. „Mach dein Nachtlicht mal aus“, forderte sie das Kind auf. Rabenschwarz war das Zimmer nun. „Mama, es ist so dunkel. Ich sehe nichts.“ Die Mutter zündete die Kerze an und hielt sie zwischen sich und das Kind. „Schau, das Licht der Kerze ist winzig klein, und die Dunkelheit in diesem Zimmer ist so groß. Und doch kann diese ganze große Dunkelheit nichts tun gegen dieses kleine, winzige Licht. Seine zarte Flamme reicht, um die Dunkelheit zu durchdringen.“ Das Kind verstand. „So ist es, wenn ihr Licht sein sollt. Ihr könnt die große Dunkelheit der Welt nicht alleine aufhalten. Aber ihr könnt überall dort, wo ihr seid, kleine Lichter sein, die mit kleinen Taten dafür sorgen, dass die Dunkelheit durchdrungen wird.“ Das Kind strahlte.
„Weißt du was, Mama? Während wir der Kerze beim Leuchten zuschauen, überlegen wir uns, was wir morgen tun können, um Licht zu sein und die Welt ein wenig heller zu machen.“ Die Mutter lächelte. „Das machen wir. Und weißt du was: Morgen nehmen wir uns drei Kerzen und verschenken sie weiter an andere Menschen, die ein wenig Licht in ihrem Leben gebrauchen können. Und wir erzählen ihnen von dem kleinen Licht, das die Dunkelheit verdrängen kann. Und stell dir vor, vielleicht gibt ein Mensch sein Licht auch wieder weiter, und der nächste wieder …“ Aufgeregt beendete das Kind den Gedanken: „Dann hätten wir mit unserem kleinen Licht die Dunkelheit an vielen Orten verdrängt.“ „So machen wir das“, antwortete die Mutter „und jetzt wird geschlafen. Träum schön.“ Gerade als sie die Tür des Kinderzimmers schließen wollte, hörte sie ihr Kind murmeln: „Und mit jeder Kerze, die ich verschenke, werde ich einem Menschen ein Lächeln schenken.“Die Mutter hielt inne und lächelte.
von Christine Sinnwell-Backes, bearbeitet von Heike Virchow